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Déjà Vu? – Tropen und Klischees

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Es gibt diese Motive, Bilder, Handlungselemente, die uns im Roman immer wieder begegnen. Das Love Triangle im Liebesroman. Die schwere Kindheit des Bösewichts im Thriller. Das magische Portal in der Urban Fantasy.


Das ist nicht weiter schlimm. Alles ist schon mal dagewesen, keine Idee wirklich komplett neu. Es gibt Motive, die funktionieren seit Jahrhunderten und bringen immer wieder lesenswerte Geschichten hervor. Andere Bilder sind hingegen schnell abgegriffen, haben einen faden Beigeschmack und langweilen uns. Aber was unterscheidet die Evergreens von den billigen Kopien?


Klischee und Trope – Was ist der Unterschied?

Um das zu klären schauen wir uns einmal die Begriffe genauer an.

Ein Klischee bezeichnete ursprünglich einen vorgefertigten Druckstock im Buchdruck, also eine Art Stempel, der er ermöglichte, etwas vielfach zu reproduzieren. Im Französischen bedeutet das Wort cliché so viel, wie nachahmen. Aus dem Ursprung lässt sich die heutige Bedeutung des Wortes ganz gut ableiten: Ein Klischee ist eine vorgeprägte Ansicht, eine ehemals innovative Vorstellung, die inzwischen allerdings überstrapaziert ist.


Tropen hingegen sind erst einmal nur ein Mittel der Rhetorik – eine Stilfigur oder ein wiederkehrendes rhetorisches Mittel, wie etwa Metapher oder Ironie. Heute bezeichnet der Begriff auch literarische Konventionen, bestimmte Erzählelemente, die immer wieder auftauchen. Letztendlich ist ein Trope ein bewährtes Schema, nach dem eine Geschichte erzählt wird.


Tropen und Klischees sind also nicht dasselbe. Im Gegensatz zur eindeutig negativen Konnotation von Klischees sind Tropen weder gut noch schlecht, sondern vor allem Werkzeuge. Und: Es ist so gut wie unmöglich, eine Geschichte ohne Tropen zu erzählen.



Hast du mal ein Beispiel?

Fragt man in Literaturforen nach Lieblings-Tropen, dann scheiden sich die Geister. Hate to Love, harte Schale weicher Kern, nackte Frauenleichen, alkoholabhängige Kommissare, verwaiste Superhelden – für jedes Trope finden sich diejenigen, sie es lieben, und diejenigen, die es hassen. Für jedes Genre lassen sich unzählige Beispiele finden – wie gesagt, es gibt wohl keinen Roman, der ohne sie auskommt.


Klischees und Tropen dienen letztlich meist dazu, die Erwartungshaltung der Lesenden zu bedienen. Das Happy End im Liebesroman ist ein gutes Beispiel dafür – natürlich kann eine Liebesgeschichte auch ohne geschrieben werden, der Bruch mit der Erwartung ist dann allerdings vorprogrammiert.


Und was ist nun so schlimm an Klischees und Tropen?

Klischees können nerven. Es ist ein schmaler Grat zwischen bewährtem Schema und überstrapaziertem Motiv. Wir kommen kaum drum herum, sie zu verwenden. Gleichzeitig zählen sie aber zu den größten Ärgernissen der Leser:innen. In einer Umfrage wurden Leser:innen gebeten, den folgenden Satz zu vervollständigen: „AutorInnen verärgern mich ...“ Die Antworten au Platz 1-3 lauteten: mit Klischees, 08/15-Werken und Mainstream.


Im schlimmsten Fall können unreflektierte Klischees sogar gefährlich sein. Sie können dazu beitragen gesellschaftliche Spannungen zu verstärken, indem eine vereinfachte Sicht dazu beiträgt Vorurteile und Stereotype zu stützen. Und das gilt nicht nur für den Inhalt der Geschichten. Nehmen wir beispielsweise das Klischee, dass Frauen bessere Liebesromane schreiben, Männer dafür in den Genres Science Fiction und Fantasy dominieren. Wenn nun aus Marketingzwecken Pseudonyme entsprechend dieser Norm verwendet werden, dann wird das Klischee verfestigt.


Alles eine Frage des Mainstreams

Tropen und Klischees unterliegen dem Mainstream. Wenn eine Geschichte plötzlich erfolgreich ist, dann wird der Markt schnell mit weiteren Romanen der gleichen Richtung überschwemmt – aus unternehmerischer Sicht sinnvoll, denn Trends bringen Verlagen und Autor:innen gutes Geld ein.


Jeder neue Trend bringt ein neues Schema mit sich, seien es Vampirromane, TV-Dystopien oder Zaubererinternate. Nach einer Weile werden die Geschichten vorhersehbar und langweilig. Ein neues Klischee ist geboren.


Mehr zum Thema diskutieren wir in der Zeilenschlinger-Folge Altbewährt oder abgenutzt? - Der Unterschied zwischen Klischees und Tropes.

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