
Fragt man Autoren, was sie am Schreiben am wenigsten mögen, dann lautet die Antwort häufig „Überarbeiten“. Warum? Weil die Überarbeitung des eigenen Textes ziemlich schmerzhaft sein kann. Schließlich wird man dabei zum Mörder – und das öfter als einem lieb ist.
Bye, bye Darling

„Kill your Darlings“ ist eine dieser Schreibregeln, über die man immer wieder stolpert, wenn man sich mit dem Schreibhandwerk befasst. Dabei geht es nicht um das tatsächliche Ermorden der eigenen Figuren - was für einige Genres auch ziemlich unangebracht wäre – sondern um das Betätigen der Löschen-Taste. Formulierungen, Wörter, Szenen und Figuren, die die Geschichte nicht voranbringen, müssen dran glauben, auch wenn wir beim Schreiben noch so viel Herzblut hineingesteckt haben. Ja, auch wenn es schwer ist, sie gehen zu lassen.
Sag Tschüß zu deinen Lieblingsformulierungen

Ein Beispiel: Formulierungen, die wir so sehr lieben, dass wir sie in jedem Kapitel zehnmal verwenden. Auf der Unterlippe herum kauen, die Augen aufreißen, seufzen oder flüstern. Obwohl diese Ausdrücke die Gefühlswelt der Charaktere schön beschreiben sollten sie nicht überstrapaziert werden. Ich weiß, ich weiß. Es ist schwer. Aber deswegen heißt es ja auch Kill your Darlings und nicht Kill your Formulierungen, die du eh nicht leiden kannst.
Neben den Formulierungen kann der Lösch-Prozess auch Dialoge treffen, die einfach nicht auf den Punkt kommen, obwohl sie witzig sind. Figuren, die rein gar nichts mit der Handlung zu tun haben, auch wenn sie noch so lebendig gezeichnet sind. Wendungen, die überflüssig sind, obwohl sie Spannung erzeugen. Die Geschichte wird dadurch besser und prägnanter. Und niemand hat gesagt, dass es leicht ist, ein Buch zu schreiben.
Um den Trennungsschmerz nicht allzu groß werden zu lassen sind hier noch drei Tipps, um den Vorgang erträglicher zu machen:

Abstand: Lass das Manuskript vor der Überarbeitung eine Weile liegen. Oft merken wir mit ein bisschen Abstand erst, dass diese Formulierung, die wir beim Schreiben noch für total großartig gehalten haben, doch nicht so toll ist.
Testleser: Andere können deinen Text objektiver betrachten, weil sie emotional nicht so involviert sind, wie du.
Verschieben statt Löschen: Oft ist es leichter die Textpassagen, die gestrichen werden sollen, in ein anderes Dokument zu verschieben. So sind sie nicht gleich ganz weg und vielleicht passen sie ja irgendwann mal in ein anderes Projekt.
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