2020 war ein wildes Jahr. Innerhalb weniger Monate habe ich einige Premieren erlebt: erster Verlagsvertrag, erste Veröffentlichung, erster Agenturvertrag, erster Vertrag mit einem Publikumsverlag, erstmals gelesen werden. Nicht alles lief optimal. Aber gerade deswegen war das letzte Jahr so lehrreich. Wie sagt man so schön: Im Nachhinein ist man immer schlauer. Diese sieben verflixten Tipps hätte ich meinem ein Jahr jüngerem Ich gegeben, wenn es diese Expedition nicht selbst in Angriff genommen hätte.

Tipp 1: Bau dir eine Routine und behalte sie bei.
Ich weiß, man hört es an jeder Ecke. Eine Routine aufbauen – gähn. Es ist langweilig. Nicht gerade innovativ. Aber gleichzeitig ist es auch der wichtigste Tipp, den ich dir mit auf den Weg geben kann, wenn du gerade an deinem ersten Buch schreibst. Denn letzten Endes werden dir nur zwei Gewohnheiten dabei helfen, fertig zu werden: Schreiben. Und es regelmäßig tun. Bis es nichts mehr zum Schreiben gibt.
Verlass dich nicht auf regelmäßige Inspirationsschübe oder den halbjährlich auftretenden Kuss der Muse, denn die sind unberechenbar und lassen sich nicht steuern. Am Ende sitzt du nur frustriert vor einem Dokument voller Fragmente und kommst im schlimmsten Fall nicht mehr rein, obwohl du doch vor einigen Monaten Feuer und Flamme für die Geschichte warst. Nimm dir jeden Tag nur fünf Minuten und du wirst sehen, dass dein Roman stetig wächst. Vielleicht auf den ersten Blick langsamer im Vergleich zu einem Schreibschub, bei dem 20 Seiten zustande kommen, aber im Gegensatz dazu wird dein Roman fertig. Wenn du die fünf Minuten beibehältst.
Tipp 2: Mach nicht beim Wordcount-Wahnsinn mit.

Mehr ist immer besser? Nope. Ein realistisch erreichbares Tagesziel ist besser. Denn es bedeutet, dass du es immer und immer und immer wieder erreichen kannst!
Versuche dich nicht ständig selbst zu übertrumpfen und mit anderen wettzueifern. Ein kleiner Wordwar hier, eine kleine Challenge da kann nicht schaden. Aber langfristig fährst du besser, wenn du dir tägliche Ziele setzt, die realistisch und machbar sind. Das können 2.000 Wörter sein, drei Seiten, aber auch ein Satz.
Wichtig ist, dass du dich hier nicht mit anderen vergleichst, sondern ehrlich zu dir bist und schaust, was du in Anbetracht deiner aktuellen Situation und Energiereserven schaffen kannst. Deine Ziele können auch variieren – vielleicht hast du am Wochenende deutlich mehr Zeit und schaffst es, mehr zu schreiben. Aber sei lieb zu dir. Und behalte dieses Schreiben, bei dem du nett und ehrlich zu dir selbst bist, bei, um langfristig gesund zu bleiben und viele tolle Bücher zu schreiben.
Tipp 3: Hol dir Inspiration, aber nimm das Tun der anderen nicht als Anleitung.

Egal, ob es ums Plotten geht, um die Schreibroutine, das Genre oder das Schreibprogramm. Sieh dich um, lass dich inspirieren – aber sei dir darüber im Klaren, dass für dich nicht das funktionieren muss, was für andere funktioniert. Auch, wenn die Mehrheit mit Stein und Bein darauf schwört. Oder wenn es gerade im Trend ist, ein besonderes Genre zu schreiben. Bleib bei dem, was dich begeistert, und es wird auch andere begeistern. Finde heraus, was dich motiviert und antreibt, wie du am besten arbeiten kannst.
Es ist ziemlich schwer, herauszufinden, was das Richtige für einen ist. Da hilft nur ausprobieren, abwägen und neugierig bleiben.
Und Austausch, sehr viel Austausch. Die regelmäßigen (aktuell digitalen) Treffen mit meiner Schreibgruppe zeigen mir jedes Mal aufs Neue, dass viele Wege nach Rom führen. Autor*innen sind so unterschiedlich! Nur eines haben sie gemeinsam: Sie schreiben. Bis zum Schluss.
Tipp 4: Lass dich kritisieren – aber erst, wenn du wirklich bereit dafür bist.

Kommt dir diese Situation bekannt vor? Du schreibst begeistert an einem neuen Projekt und die ersten zwei Kapitel stehen schon. Nun musst du es unbedingt jemandem zum Lesen geben, denn du kannst dieses Projekt unmöglich länger geheim halten. Oh ja, diese Euphorie und Aufregung, ich kenne sie. Dennoch, hier kommt der Spielverderber-Tipp: Warte erst einmal ab und frage dich, ob es dir zum jetzigen Zeitpunkt etwas nützt, wenn du dein verletzliches Baby-Projekt direkt dem Beschuss der Kritiker*innen aussetzt.
Damit meine ich nicht, dass deine Testleser*innen gemeine Buchvernichter*innen sind, die dein wahres künstlerisches Genie niemals anerkennen werden. Sondern dass Fremd-Eindrücke zum falschen Zeitpunkt vieles kaputt machen können. Ich kenne Leute, die fordern sehr früh Kritik ein, weil sie die zusätzlichen Verbesserungsvorschläge motivieren. Ich kenne aber auch Leute, die nach dem Erhalten der Kritik (so gut und freundlich formuliert sie auch war), nie weitergeschrieben haben.
Ich für meinen Teil, versuche Projekte so lange wie möglich geheim zu halten. Bevor ich selbst nicht weiß, welchen Weg mein Buch und ich einschlagen werden, sind andere Meinungen für mich eher hinderlich und stoßen mich von dem weg, was ich eigentlich schreiben möchte. Dabei meine ich nicht, dass es bei dir genauso sein muss, sondern nur, dass es ratsam ist, sich diese Frage zu stellen: Nützt mir fremde Kritik zum jetzigen Zeitpunkt oder wird sie mich in meiner Arbeit eher lähmen?
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